pro-A-kids

Demokratie braucht Bildung!

Projekt: „African Kids“ heißt
unsere Initiative zur Förderung von
Bildungseinrichtungen in Kenia.

Alles wird gut!

Kategorie: Sozialpraktikum Kenia, Spendenverwendung - Sep 29th, 18

Wer kennt nicht diesen saloppen Spruch, der einem in brenzligen Situationen schnell mal zur Beruhigung über die Lippen kommt? Was unsere Arbeit in Kenia anbetrifft, fühlt es sich gerade so an.

Bereits seit Gründungstagen hatte uns die Gemeinde Kongoni um den Bau einer eigenen Grundschule  auf dem Gelände des Kindergartens gebeten. In den letzten Jahren wurde dieser Wunsch auch von Seiten der Primary School in Timau immer wieder vorgebracht. Aber wie sollte das umgesetzt werden? Das Kindergartengelände ist viel zu klein für weitere 200 Kinder und unser Budget nicht ausreichend für die Verpflegung von 300 Kindern mit hochwertigem Mittagessen. Und die Kleinen füttern und die Großen zusehen lassen? Dass dies ein Ding der Unmöglichkeit ist, leuchtete jedem sofort ein.

Dennoch wurden die Anfragen der Primary School nach zusätzlichen Räumlichkeiten immer dringlicher. Die einzige öffentliche Schule im Umkreis platzte aus allen Nähten, bis zu 6 Kinder müssen sich eine Schulbank teilen, einige stehen hinten an die Wand gelehnt, da die Sitzplätze nicht reichen. Die Luft in den Klassenzimmern ist stickig, die hygienischen Bedingungen in den Elternhäusern sind oft genug sehr dürftig. Die Schüler sitzen eng an eng, es bleibt kaum Platz, um das Heft zum Schreiben richtig hinzulegen, der Ellenbogen des Nachbarn stört den eigenen Schreibfluss durchgehend. Die Aufmerksamkeit auf den Lehrer zu richten ist unter diesen Umständen eine ziemliche Herausforderung!

Die neue Schulleiterin, Mrs. Mary Njoroge, hatte es sich nach ihrem Antritt in Timau im Januar zum Ziel gesetzt, diesen Zuständen ein Ende zu setzen. Da auch der Kindergarten Kongoni zu ihrem Verantwortungsbereich gehört, hatte sie „unseren Kindergarten“ besucht – und war aus allen Wolken gefallen ob der komfortablen  Unterrichtsbedingungen  dort.

 Nun stieg natürlich der Druck auf unseren Verein – Mrs. Njoroge drückte es so aus: „The children may feel to come from heaven to hell!!“ – wenn sie nach ihrer Kindergartenzeit in Kongoni in die erste Klasse der Primary School in Timau müssen.Während meines Besuches in Timau im Juni besichtigten Francis und ich die Primary School und sagten einige Renovierungsmaßnahmen im Rahmen des Praktikumsprojektes im August zu. Gesamtkosten 5000 EUR – eigentlich zu viel für Flickwerk, neuen Boden in einem alten Lagerraum und zwei andere Klassenzimmer mit löchrigem Lehmboden und Bretterverschlag an die Wand. Aber zugesagt war zugesagt, da gab es jetzt kein Zurück mehr!

Kurz nach meiner Rückkehr ergab sich die Möglichkeit für eine Förderung aus Mitteln der fluchtursachenbezogenen Entwicklungszusammenarbeit der Bayerischen Staatskanzlei. Aber das ganze hatte einen entscheidenden Haken. Die geförderten Vorhaben müssen bis Jahresende abgeschlossen sein. Also nochmals Beratung mit unserem Projektmanager und unserem ortskundigen Architekten Klaus Pastner – Bekommen wir das hin? „Sportlich!!“, meint Klaus – „Schaffen wir!!“, ist sich Francis sicher. Also gut: Förderantrag stellen – und tatsächlich: 36.000 EUR aus den Finanzmitteln des Bayerischen Staates zum Neubau zweier Klassenräume, Erweiterung und Renovierung der Toilettenanlage, regendichte Dacheindeckung für die Lernhütte und altersgemäße Schulmöbel für die Klassenstufen 7 und 8.

Kenia zählt nicht zu den Schwerpunktregionen des Sonderprogramms „Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern“. Der Bayerischen Staatskanzlei stehen jedoch ebenfalls Mittel für Entwicklungszusammenarbeit für weitere Länder zur Verfügung. Und Kenia hat eine Schlüsselfunktion im ganzen ostafrikanischen Raum in Sachen wirtschaftlicher Entwicklung. Die Gefahr liegt allerdings in einer ungleichen Entwicklung von Arm und Reich und dem Gefühl der Perspektivenlosigkeit bei den unteren Bevölkerungsschichten. Hart zu arbeiten ist für die meisten Menschen akzeptabel, solange sie die Aussicht auf eine Verbesserung haben, und das vor allen Dingen bezüglich einer besseren Schulbildung ihrer Kinder. Fühlen sie sich hier zu stark benachteiligt, entstehen sehr schnell gewaltsame Auseinandersetzungen, meist zwischen verschiedenen Stammesgruppen.  Und damit wird die wirtschaftliche Entwicklung, die auch für labile Nachbarstaaten wie das angrenzende Somalia so nötig ist, wieder zunichte gemacht.

Die schriftliche Förderzusage kommt pünktlich einen Tag vor unserer Abreise am 21. August. Baubeginn ist am 01. September. Francis nutzt jede Minute mit der Planung und dem Einholen von Angeboten. Unser bewährter Bauleiter Martin wird schon mal mit Kleinprojekten beschäftigt, damit er sich nicht noch kurzfristig eine andere Baustelle sucht und für uns dann nicht mehr zu Verfügung steht.

Entwicklungspartnerschaft im modernen Sinne bedeutet ja immer, dass sich beide Seiten entwickeln. Auch wir lernen dazu, zum Beispiel auch in der Organisation unserer Schülerpraktika.

Praktikumsleiterin Lena Rauschert hatte nach dem letzten Aufenthalt beschlossen, in Zukunft selbst die Funktion der Anleiterin zu übernehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass unsere Praktikanten auch wirklich mit beteiligt werden an den Arbeitsprojekten und dadurch auch Arbeitsalltag und Lebensbedingungen im Gastland verstehen lernen. Unsere bisherigen Versuche, vorwiegend einheimische Vorarbeiter zur Anleitung der Praktikanten einzusetzen, waren aufgrund der typisch afrikanischen Gastfreundschaft eher kläglich ausgefallen. „Wait, I can do that for you!!“. Wie soll da ein junger Mensch die Erfahrung machen, etwas Sinnvolles beitragen zu können?

Als Arbeitsaufgabe für die zwei Wochen in Kenia hatten wir uns den Abriss der alten Schulküche und den Einbau von Regalen in Küche und Speisekammer vorgenommen. Mehrfach schon hatte Dr. Mochama in seinem medizinischen Bericht angemahnt, dass die Bananen doch nicht auf dem Boden gelagert werden sollten. Auch hatte es immer wieder Probleme mit Mäusen in den Getreidevorräten gegeben, da sich die hungrigen Nager munter durch die weißen Plastiksäcke gefressen hatten. Probehalber hatte ich deshalb im Juni eine 40-Liter Milchkanne angeschafft, Köchin Evangelina hatte diese Lösung nun mehrere Wochen ausprobiert und für gut befunden, weshalb nun Gestelle für weitere Kannen angefertigt wurden. Und Lehrerin Salome wünschte sich eine Garderobe zum Aufhängen der Taschen und Jacken. Lena hatte hierfür von zuhause extra schöne Holzdübel im Gepäck, um dem ganzen einen gewissen „Stil“ zu verleihen. Die Enttäuschung auf unserer Seite, als die Lehrerin mit Nachdruck auf die Verwendung von einfachen Nägeln als Aufhängung bestand, war ziemlich ausgeprägt. Aber schließlich gehört auch dies zu unseren Grundprinzipien: andere Länder – andere Sitten – und andere Standards. Hoffentlich passt die Lehrerin auch gut auf, dass sich niemand von den Kleinen an den Nägeln am Kopf verletzt! Sonst müssen wir halt doch nochmals nacharbeiten!

Mittlerweile wurde auch mit der Großbaustelle an der Primary School begonnen, aufgrund des Zeitdruckes mit großer Mannschaft: Boden einebnen, Fundament ausheben und betonieren. Wie bereits bei der Baustelle im Kindergarten erhalten alle Bauarbeiter von uns Mittagessen und Pausenverpflegung, was die Arbeitsmoral und –leistung deutlich hebt. Auch unsere „großen Jungs“ beteiligten sich probeweise an den Erdarbeiten  und hatten nachher umso mehr Respekt für die Tagelöhner auf der Baustelle, die meisten davon im selben Alter wie sie selbst.

Aufgrund einschlägiger Erfahrungen beim Bau der Schulküche hatte Francis dieses Mal für die Errichtung eines absperrbaren Materiallagers gesorgt, damit immer genug Vorrat auf der Baustelle zur Verfügung steht und die Arbeiten zügig vorangehen können. Mathematische Berechnungen sind bei afrikanischen Bauprojekten eher unüblich. Man fängt halt mal mit 5 Säcken Zement an, mehr Geld steht ja auch oft nicht zur Verfügung, wenn diese aufgebraucht sind, wird nachbeschafft. Mit diesem Verfahren können wir allerdings aufgrund des Zeitdruckes nicht arbeiten, aber unser Bauleiter hatte bereits viele mögliche Eventualitäten in seinem Kopf bewegt und entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Ein weiterer Grund zur engeren Kooperation mit der „Mutterschule“ in Timau waren für uns in der Vergangenheit immer wieder auftretende Probleme mit dem Lehrpersonal in Kongoni gewesen. Der Kindergarten ist ja keine private Einrichtung unseres Vereines, sondern eine öffentliche Vorschuleinrichtung und unterliegt somit dem kenianischen Erziehungsministerium und der Dienstaufsicht der Schulleiterin der Primary School in Timau. Die Tatsache, dass wir Gehaltszuschüsse zahlen, führte leicht zum Abschieben jeglicher Verantwortung in Sachen Dienstaufsicht oder Neubesetzung von Vakanzen an uns. Das können und wollen wir aber nicht leisten in einem völlig anderen kulturellen Umfeld und aus mehreren tausend Kilometern Distanz.

Bereits bei unserem letzten Treffen im Juni wurde uns von Seiten der Primary School signalisiert, dass man hier zu vermehrter Übernahme von Verantwortung in Personalfragen bereit sei, wenn wir uns im Gegenzug in Sachen Gebäudeerweiterung engagieren könnten.

Und promt erschien Lehrerin Floric nicht wie zugesagt am ersten Schultag zum Unterricht, da ihre Tante in Meru gestorben war und sie nun gemeinsam mit ihren Kindern deren kleines Haus dort übernehmen und sich um ihren Neffen kümmern wollte.

Welch ein Glück, dass uns Mrs. Njoroge einen Gefallen schuldig war  und alle Telefonnummern in ihrem Handy bediente, um doch noch kurzfristig eine Lehrerin „aus dem Hut zu zaubern“.

Ja – alles wird gut!

Aber wie sagte mein verstorbener Vater doch gerne: „Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige!“.

In diesem Sinne möchten wir uns einmal mehr bei allen tüchtigen Mitgliedern und Sponsoren bedanken. Ohne Ihre und Eure stetige und dauerhafte Unterstützung wäre das alles gar nicht möglich!!